Diagnose Darmkrebs. Schonende Behandlung dank minimal-invasivem Opera­tions­ver­fahren

Darmkrebs ist eine der häufigsten Krebsarten: Jedes Jahr erkranken etwa 26.000 Frauen und 32.000 Männer neu an einem Tumor im Dickdarm oder Enddarm, so eine Erhebung des Zentrums für Krebsregisterdaten. Dünndarmkrebs kommt dagegen mit insgesamt etwa 2.500 Fällen nur sehr selten vor. Dabei müsste es bei vielen Betroffenen gar nicht zu dieser Diagnose kommen. Warum dies so ist und wie Darmkrebs auch möglichst schonend minimal-invasiv operiert werden kann, berichtet Chefarzt Dr. med. Fabian A. Helfritz.

„Anders als andere Krebsarten lässt sich Darmkrebs durch eine Vorsorgeuntersuchung in den allermeisten Fällen verhindern. Denn bei einer Darmspiegelung werden Darmpolypen erkannt und entfernt, bevor sie sich zu Krebs weiterentwickeln können“, erklärt Chefarzt Dr. med. Fabian A. Helfritz. Als zertifizierter Darmkrebschirurg ist er bereits unzähligen Fällen von Darmkrebs begegnet. Daher weiß er auch, dass immer noch zu oft Scham und Bequemlichkeit den Gang zur Darm­krebs­vor­sorge verhindern. Jedoch würde eine konsequente Vorsorge den Patienten viel Kummer ersparen.

Einfacher erscheint für viele ein Test auf nicht sichtbares („okkultes“) Blut im Stuhl. „Auch ein solcher unkomplizierter Test ist sinnvoll, jedoch schlägt er erst bei fort­ge­schrit­tenen Veränderungen an und erkennt keine Krebsvorstufen“, erläutert er den Unterschied zu einer Darmspiegelung. Doch immerhin – wird Darmkrebs früh erkannt, ist die Chance, vollständig zu genesen, sehr hoch. Daher ist ein regelmäßiger Test auf Blutungen ebenfalls sinnvoll. Denn die Erfahrung zeigt, dass nicht unbedingt Schmerzen ein frühes Krank­heits­zei­chen sind, sondern vielmehr Blutarmut. „Tumore besitzen - anders als die umgebende Darmschleimhaut - eine unregelmäßige Oberfläche. Darin reißen kleine Gefäße ein und führen zu einem stetigen Blutverlust“, erklärt der Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Visze­ral­chi­rurgie den Zusammenhang. Patienten können dann eine Anämie entwickeln und stellen sich etwa wegen Abgeschlagenheit ihrem Hausarzt vor. Endoskopisch wird dann abgeklärt, ob es etwa im Magen-Darm-Trakt zu Blutverlust kommt. Nicht selten wird dabei ein Krebsgeschwür entdeckt. Für die Betroffenen ist das ein Schock.

Nach der Diagnose - Wie geht es weiter?
„Hat der Krebs gestreut?“, „Wie verläuft die Operation?“, „Ist ein künstlicher Darmausgang notwendig?“ sind die häufigsten Fragen, die Dr. Helfritz im ersten Gespräch begegnen. „Mir ist im Umgang mit meinen Patienten wichtig, dass sie sich ausreichend aufgeklärt fühlen. Ich nehme mir für jeden so viel Zeit wie nötig, bis alle Fragen beantwortet sind.“ Empathie und Vertrauen sind die Basis für die Vorbereitung der Operation. Denn es handelt sich dabei um einen schweren Eingriff. Eine gute Vorbereitung kann helfen, sich darauf einzustellen und mit eventuellen körperlichen Einschränkungen im Anschluss besser umzugehen. Für den Erfolg der Krebsbehandlung ist das Stadium des Darmkrebses entscheidend. Wie weit fortgeschritten ist der Tumor? Sind bereits Lymphknoten betroffen oder gibt es schon Metastasen? „In jedem Fall hat die Chirurgie bei Darmkrebs einen sehr hohen Stellenwert. Wenn der Krebs noch nicht gestreut hat, bietet die Operation häufig die Möglichkeit, den Krebs vollständig zu entfernen und damit im besten Fall die dauerhafte Heilung zu erreichen“, betont Dr. Helfritz die Bedeutung eines rechtzeitigen Eingriffs.

Für die chirurgische Entfernung des Tumors ist jedoch wichtig, dass nicht nur das vom Krebs betroffene Darmstück entfernt wird. Stattdessen wird immer das ganze Darmsegment entnommen, das sich die gleichen abströmenden Lymph- und Blutgefäße teilt. Für gewöhnlich müssen 20 bis 50 Zentimeter des Dickdarms entfernt werden, der insgesamt etwa 1,5 bis 2 Meter lang ist. „Das widerstrebt vielen Patienten erst einmal, da anscheinend auch viel gesundes Gewebe entnommen wird. Aber man weiß, dass die Radikalität der Operation sehr eng mit dem Lang­zeit­über­leben zusammenhängt“, begründet Dr. Helfritz den Eingriff. Zusammen mit dem Darmsegment wird auch das dazugehörige Mesenterium entfernt. Dabei handelt es sich um das Gewebe, welches die Blutgefäße und das Lymphgewebe enthält. Dessen Entfernung ist wichtig, denn in diesem „Abstromgebiet“ können bereits Krebszellen vorliegen. Daher hat die Entnahme des umliegenden Darmgewebes auch einen diagnostischen Aspekt, denn alle darin enthaltenen Lymphknoten werden auf Krebszellen untersucht.

Viele Vorteile bei minimal-invasiven Verfahren
Darmkrebs zu operieren, ist auf zwei Arten möglich: Entweder wird der Tumor über einen zehn bis 20 Zentimeter langen Längsschnitt in der Bauchdecke entfernt oder die Operation erfolgt minimal-invasiv mit drei bis fünf kleinen Zugängen. „Bei einer minimal-invasiven Darmkrebsoperation ist der größte Schnitt gerade fünf bis sechs Zentimeter groß. Früher wurde über solch einen Schnitt der Blinddarm operiert, heute können wir selbst schwierige Darmoperationen darüber durchführen“, veranschaulicht Dr. Helfritz den medizin­ischen Fortschritt.

Auf welche Art der erkrankte Darmabschnitt entfernt wird, ist für den Erfolg der Krebstherapie nicht entscheidend. Aber für den Genesungsprozess des Patienten spielt die Auswahl des Verfahrens eine große Rolle. Am Bürgerhospital Frankfurt ist die minimal-invasive Opera­tions­technik, wann immer möglich, die bevorzugte Variante. „Im Gegensatz zu einer offenen Operation ist die minimal-invasive Methode wesentlich schonender. Das Trauma durch den Eingriff ist geringer, der Kreislauf bleibt stabiler, die Wunden sind kleiner und heilen besser. Der Blutverlust ist geringer, das Infektionsrisiko wird erheblich gesenkt, die Patienten haben weniger Schmerzen, sind schneller mobil und genesen insgesamt schneller“, zählt Dr. Helfritz die vielen Vorteile auf.

Um minimal-invasive Darmkrebsoperationen in hoher Qualität praktizieren zu können, sind intensive Fortbildungen erforderlich. Deswegen nimmt das Ärzteteam der Allgemein- und Visze­ral­chi­rurgie regelmäßig an Schulungen teil. „Mittelfristig wollen wir die Klinik zum Zentrum für minimalinvasive Chirurgie weiterentwickeln. Wir operieren bereits auch komplexere Eingriffe
an Leber, Milz oder Nebennieren minimalinvasiv, weil ich davon überzeugt bin, dass dieses Verfahren unseren Patienten direkt zugutekommt“, erläutert Dr. Helfritz. Allerdings gibt es auch Umstände, die doch eine offene Operation erfordern. Etwa können Verwachsungen im Bauchraum nach früheren Operationen einen minimal-invasiven Eingriff erschweren. Auch wenn Tumore zu groß sind oder sie bereits mit anderen Organen verwachsen sind, kann eine Operation am offenen Bauch notwendig sein. „Entscheidend ist immer, welches Verfahren das sicherste in der individuellen Situation ist“, fasst Dr. Helfritz zusammen.

Ablauf minimal-invasiver Eingriffe
Bei einem minimal-invasiven Eingriff erfolgen mehrere kleine Schnitte von fünf bis zehn Millimeter in die Bauchdecke. In jeden Schnitt wird ein sogenannter Trokar eingesetzt. Dabei handelt es sich um Plastikoder Metallhülsen, worüber die Kameraoptik und die laparoskopischen Instrumente eingeführt werden. Über den ersten Trokar wird Kohlendioxid in den Bauch geleitet. Das Gas sorgt dafür, dass sich die Bauchdecke hebt und der Operateur ausreichend sehen und arbeiten kann. Im zweiten Schritt wird über diesen Zugang eine Kameraoptik eingeführt, mit deren Hilfe er sich einen Überblick über die Situation im Bauchraum verschafft. Bestätigt sich, dass der Eingriff minimal-invasiv durchgeführt werden kann, erfolgen dann im dritten Schritt zwei bis drei weitere kleine Schnitte, über die die verschiedenen laparoskopischen Instrumente eingeführt werden. Mit diesen Instrumenten können unter Kamerasicht alle erforderlichen „Handgriffe“ getätigt werden: Gewebe wird gehalten, geschnitten, geklemmt, verödet, genäht oder anderweitig präpariert; Flüssig­keiten können abgesaugt werden. Zuletzt erfolgt, abhängig von der Größe des Tumors, ein etwa fünf bis sechs Zentimeter großer ‚Bergeschnitt‘. Über diesen wird der betroffene Teil des Darms und des Mesenteriums entfernt („geborgen“). An­schließend erfolgt über diesen Zugang auch die Verbindung der offenen Darmenden, eine sogenannte Anastomose.

Wann braucht es einen künstlichen Darmausgang?
Je nachdem, welcher Darmabschnitt entfernt werden muss, sind verschiedene Nahtverfahren nötig, um die Darmenden miteinander zu verbinden. Liegt der Darmkrebs im unteren Enddarm vor, kann es sein, dass vorübergehend ein künstlicher Darmausgang notwendig ist. „Ich weiß, dass ein Stoma bei allen Patienten ein sehr angstbehaftetes Thema ist. Ich kann das sehr gut verstehen. Aber ich versuche immer, meinen Patienten zu vermitteln, dass manchmal ein kurzzeitiges Stoma Teil einer optimalen Behandlung ist. Denn wenn die Naht im Enddarm in Ruhe ausheilen kann, können wir den künstlichen Darmausgang nach vier bis sechs Wochen zurückverlegen und alles ist überstanden“, beruhigt Dr. Helfritz. Der künstliche Darmausgang wird in diesen Fällen meist am Ausgang des Dünndarms angelegt, der Stuhl entleert sich in einen Beutel, der an der Bauchdecke befestigt ist. „Durch diese schützende Maßnahme vermeiden wir vorübergehend die Stuhlpassage an der frischen Nahtstelle im Enddarm. Dadurch reduzieren wir das Risiko einer schweren Entzündung und einer Undichtigkeit der Anastomose deutlich. Beides kann lebensbedrohlich sein und unter Umständen einen lebenslangen künstlichen Darmausgang zur Folge haben. Das wäre genau das Gegenteil von dem, was wir erreichen wollen“, begründet Dr. Helfritz das Vorgehen.

Genesung nach der Operation
Für eine optimale Behandlungssituation ist für Dr. Helfritz und sein Team der Allgemein-und Visze­ral­chi­rurgie auch eine gute Schmerztherapie unabdingbar: „Wir achten sehr darauf, dass Patienten nach der Operation möglichst schmerzfrei sind. Je besser die Schmerz­aus­schal­tung in den ersten Tagen funktioniert, desto weniger Schmerzmedikamente benötigen unsere Patienten insgesamt. Sie sind außerdem viel schneller mobil, was weitere Vorteile mit sich bringt: Der Verdauungstrakt arbeitet schneller normal, der Kreislauf kommt in Schwung und die Gefahr einer Thrombose oder einer Lungen­entzündung sinkt.“ Die optimale Schmerztherapie beginnt dabei bereits während der Operation: Über einen Peridu­ral­ka­theter erfolgt die Schmerz­aus­schal­tung lokal im Rückenmark. Dadurch wird deutlich weniger Schmerzmittel über die Vene benötigt und die Patienten sind nach der Operation schneller wieder wach und leiden weniger häufig unter Übelkeit.

Auch sonst setzt Dr. Helfritz alles daran, dass seine Patienten möglichst früh wieder auf den Beinen sind. Neben der effektiven Schmerztherapie und der raschen Mobilisierung soll deswegen auch die Nüchternzeit nach der Operation möglichst kurz ausfallen. „Mit einer unmittelbaren Rückkehr zur leichten Vollkost normalisiert sich nicht nur die Funktion des Magen-Darm-Trakts schneller, sondern wir verschaffen unseren Patienten auch mehr Wohlbefinden, als wenn sie auf Essen verzichten müssen oder Schonkost erhalten“, plädiert Dr. Helfritz für diesen wichtigen Aspekt einer ganzheitlichen Behandlung.

Entlassen werden Patienten meist vier bis sieben Tage nach ihrer Operation. Am zehnten Tag findet eine Kontrolle statt, bei der auch der patho­logische Befund besprochen wird. Alle Befunde werden außerdem in einer Tumorkonferenz besprochen. Bei dieser entscheiden Chirurgen, Onkologen, Gastro­en­te­ro­logen, Strah­len­the­ra­peuten, Pathologen und Radiologen über die weitere Therapie.

Unabhängig davon, ob eine zusätzliche Chemo­therapie notwendig ist oder ob der Krebs bereits mit der Operation vollständig beseitigt werden konnte, erfolgt in den nächsten fünf Jahren eine regelmäßige Tumornachsorge. Neben Blutanalysen und radiologischen Unter­suchungen ist wieder eines von grundlegender Bedeutung: regelmäßige Darmspiegelungen, die neue Krebsvorstufen rechtzeitig erkennen lassen.

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